Jonas Sulzberger gehörte wohl zu den wenigen Passagieren dieses annullierten Fluges nach Berlin, der dem Ganzen etwas Positives abgewinnen konnte. Denn endlich durfte er auch einmal einen Flugausfall miterleben mit und kann jetzt auch mitreden. Bis auf den Namen der empfehlenswerten Flughafen-Bar (Tipp!) werden keine Namen genannt.
Flug annulliert – eine Chronik (und im Anschluss noch das Fazit dazu):
15.7.2017: Zürich Flughafen
Mitsamt erledigtem Online-Check-in und nur Handgepäck bin ich schon flugs im Passagierbereich. Mein Flug nach Berlin startet erst in 1.5 Stunden. Ich vertrödel meine Zeit sehr gerne am Flughafen, darum macht es mir nichts aus, wenn ich auch schon etwas früher dort bin. An der Theke der „Center Bar“ im Airside Center (gleich nach der Sicherheitskontrolle und dem Duty-Free) hat man eine schöne Aussicht auf die Rollfelder und es gibt Ittinger im Offenausschank. In der Hosentasche mein Handy mit Vibrationsalarm bei Push-Meldungen der jeweiligen Apps vom Zürich Flughafen sowie Checkmytrip, dem Flugreservationssystem, worüber ich meine Buchung getätigt habe.
17:37 Eine halbe Stunde vor Boarding sehe ich auf meinem Handy eine E-mail der Airline, dass der Flug 50 Minuten Verspätung hätte. Zur Original-Boardingzeit um 18:05 bewege ich mich trotzdem schon mal ans Gate, denn an der Theke wurde es mit der Zeit dann doch auch langweilig. Am Gate angekommen steht tatsächlich noch kein Flieger und bei der Boardingpass-Kontrolle steht auch niemand da. Ja, dann wird’s wohl so sein mit der Verspätung.
18:01 Per Push-Meldung vom Zürich Flughafen erhalte ich noch vor Anzeige auf der Abflugstafel die Meldung, dass mein Flug (ursprüngliche Abflugszeit um 18:30) annulliert sei – ohne Hinweis darauf warum.
18:21 Passagiere unseres Fluges werden aufgerufen und gebeten sich an die Angestellten der Transit-Schalter des Handling-Agenten (auf dem Weg in den Terminal A, zwischen NZZ Café und Marché) zu wenden. Vor Ort werden zwei Extra-Schalter aufgestellt für Passagiere nach Berlin sowie München (die hat’s auch erwischt). Es versammelt sich eine grosse Menschentraube vor den einzelnen Ständen der beiden zu bemitleidenden Menschen, die hinter dem improvisierten Stand positioniert sind. Ich bin nicht der Typ, der sich nach vorne drückt und fange mir den „Statusbericht“ eines betroffenen Passagiers ab, der als einer der Ersten eine Stellungnahme bekommt und neue Papiere in der Hand hält. Diese Papiere sind allerdings keine Flugtickets für einen anderen Flug nach Berlin (die späteren Flüge sind nämlich alle komplett ausgebucht) sondern Gutscheine für eine Hotelübernacht im Flughafenhotel in Oerlikon und ein Abendessen im gleichen Hotel.
Ich suche mir einen Sitzplatz und warte, bis sich die Menschentraube kleiner wird und informiere (soweit es geht) in der Zwischenzeit, das Hotel sowie das Taxi-Unternehmen, bei dem ich einen Abholservice vom Flughafen zum Hotel bestellt habe.
20:00 Jetzt bin ich auch dran und fasse die Voucher, die mir in so einem Fall zustehen. Ich erfahre vom Flughafenmitarbeiter keine weiteren Details zum Grund des Flugausfalls (sie wissen auch nicht warum) und werde gebeten, mich telefonisch oder an einem Flughafenschalter der Airline an diese zwecks Umbuchung zu wenden.
20:15 Gesagt, getan. Habe mit dem Handy bei der Fluggesellschaft angerufen und mich kostenfrei auf den Flug am nächsten Morgen umbuchen lassen. Am gleichen Tag ging wirklich gar nichts mehr. Für mich keine Katastrophe – der Aufhänger meines Berlin-Trips war eh erst am nächsten Tag, von daher war es nicht so schlimm, dass ich diese Nacht in Zürich und nicht in Berlin verbringen musste. Mein neues Flugticket musste auch erst von der Airline revalidiert werden, das neue E-Ticket bekam ich per Mail dann erst um
21:15 zugeschickt. Womit ich mich dann auch online einchecken-konnte. Mittlerweile bin ich mit dem kostenfreien Flughafenshuttle im Flughafenhotel angekommen, welche die sogenannten „lay over guests“ beherbergen durfte. Mein Zimmer keine Suite und das Buffet fürs Abendessen sicher auch nicht Gourmet – aber zweckmässig und das „Feierabendbier“ war auch mit im Voucher eingeschlossen.
22:30 da ich nun das neue Ticket in den Händen halte, kann ich nun auch das Hotel und das Taxiunternehmen entsprechend informieren und mich umbuchen lassen. Mit Zähneputzen meine letzte Amtshandlung für diesen Tag. Ich empfand den ganzen Vorgang zwar nicht als stressig (wohl gemerkt habe ich mich auch nicht stressen lassen), aber müde war ich trotzdem.
16.7. Flughafen Zürich
07:30 Eintreffen am Flughafen nach Frühstück, Auschecken und Transfer aus dem Flughafenhotel. Boarding um 08:25 – was dann auch der Fall ist. Meine klitzekleine Resthoffnung aus Mitleid von der gebuchten Economy in Business vor Ort umgebucht zu werden, zerschlägt sich, als ich meinen Boardingpass zeige (und dann einfach so durchgelassen werde) und mein Sitzplatz 10 A auch 10 A bleibt.
.. von da weg konnte ich die Reise wie geplant antreten. Das Taxi stand bereit und das Hotel hat mein Zimmer so kurzfristig auch nicht mehr weggeben können. Der Trip nach Berlin war immer noch super, auch wenn am Schluss nur 1 Nacht (anstelle von 2) in Berlin übrig blieb.
Mein Schaden: eine ausgefallene Hotelnacht und der Flugausfall an sich – 2 Paar verschiedene Schuhe, in der Abwicklung der Kompensation.
18.7. Büro, Neuhausen am Rheinfall
Wieder zu Hause angekommen reiche ich auf dem dafür vorgesehenen Online-Formular auf der Airline-Webseite meinen Schaden mitsamt Quittungen für die ausgefallene Hotelnacht und den einen Kaffee (den ich mir während der Wartezeit zwischen 18h30 und 20h00 gegönnt habe) ein.
7.8. Büro, Neuhausen am Rheinfall
Ich bekomme von der Airline eine Mail mit etwa folgendem Inhalt:
„Den Flug XX am 15.Juli 2017 mussten wir bedauerlicherweise kurzfristig annullieren. Für die Unannehmlichkeiten bitte ich Sie im Namen von XX nochmals um Entschuldigung.
Gemäss EU-Verordnung 261/2004 steht Ihnen im vorliegenden Fall EUR250. Diesen Betrag und die Verpflegungskosten, umgerechnet CHF297.02, werden wir Ihnen in den nächsten 14 Tagen auf Ihr Konto überweisen.
Indirekte Folgekosten, wie Hotelübernachtung am Zielort, werden nicht von der Fluggesellschaft übernommen. Darf ich Sie bitten, dieses bei Ihrer privaten Reiseversicherung einzureichen.“
Auf diese 250 EURO kam ich anhand meiner Berechnungen (es gibt dafür auch Apps) auch. Ich reiche noch am gleichen Tag bei meiner Annullationskostenversicherung den Schaden per Mail für die ausgefallene Hotelnacht ein. In meiner Police wird festgehalten, dass sie auch im Falle von Flugausfällen bis zu einem Schaden der Folgekosten in Höhe von CHF 2’000.00 greift.
25.8. Büro, Neuhausen am Rheinfall
Auf meine „Leistungsanfrage“ erhalte ich per Mail von meiner Versicherung den positiven Bescheid, dass mir die Hotelübernachtung in Höhe von knapp 150 Franken erstattet wird. Ich werde auf dem Formular um meine korrekte IBAN gebeten, da ich in meiner Anfrage vom 7.8. einen Zahlendreher gemacht und somit das falsche Konto angegeben habe.
Fazit Nr. 1: warum der Flug ausgefallen ist, weiss ich bis jetzt zwar nicht. Was aber sicher ist: auch für eine Airline bedeutet so einen Flugausfall enorm viel Geld und irgendwie ist es angenehm zu wissen, dass Sicherheitsdenken nachwievor über Rendite geht.
Fazit Nr. 2: von anderen betroffenen Passagieren mitbekommen: sie haben den Flug nach Berlin und einen Weiterflug (am gleichen oder am nächsten Tag) separat gebucht. Selbst wenn es sich um die gleiche Airline handelt, ist sie bei separat gebuchten Tickets, nicht verpflichtet, für den Weiterflug aufzukommen. Als Reisebüromitarbeiter buchen wir solche sogenannten Linienflug-Kombis nur iim äussersten Notfall und weisen unsere Kunden ausdrücklich auf die Gefahr hin. Weil eben darum; sehr ärgerlich, wenn dann eben der Zubringerflug verspätet ist oder sogar ausfällt. Hände weg von Kombis also – und sonst immer genügend Puffer dazwischennehmen!
Fazit Nr. 3: O-Ton zweier Jungs, die nach Berlin am Samstag Party machen wollten und auch Opfer des Flugausfalls waren: „Jetzt gehen wir halt hier ordentlich in den Ausgang und schicken sämtliche Quittungen der Airline zu“. Na dann, viel Glück – diese Rechnung ging für Euch wohl nicht auf. Meinen Kaffee für CHF 4.50 bekam ich weder von der Airline noch von der Annullationskostenversicherung (und es handelt sich um den aktuellen Testsieger der Reiseversicherungen und keine Scheinversicherung, die in der Kreditkarte irgendwie mit drin ist) zurückerstattet.
Fazit Nr. 4: Handys und E-mails auf Handys sind Fluch und Segen zugleich. An diesem Tagen waren sie Zweiteres.
Fazit Nr. 5: bloss nicht aufregen – es ist so, wie’s ist – stay cool